Wertguthabenvereinbarungen ermöglichen durch einen Verzicht auf die Auszahlung von Arbeitsentgelt zu Gunsten eines Wertguthabens die Ansparung von Arbeitsentgelt für eine sozialversicherungsrechtlich geschützte längerfristige Freistellung von der Arbeitsleistung. Diese Möglichkeit ist auf die Zeit des Erwerbslebens vor dem Eintritt in den Ruhestand begrenzt.

Wertguthaben und Versicherungsschutz

Arbeitszeitregelungen zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder zum Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen (z. B. über Jahresarbeits- oder Gleitzeitkonten) ermöglichen auch vollständige Freistellungen von der Arbeitsleistung. Der Sozialversicherungsschutz aufgrund der Beschäftigung besteht dabei jedoch nur für Freistellungen von maximal drei Monaten.

Für längerfristige Freistellungen von der Arbeitsleistung, die durch den Beschäftigten finanziert werden, besteht nur im Rahmen von Wertguthabenvereinbarungen Sozialversicherungsschutz. Hierbei besteht die sozialversicherungsrechtlich relevante Beschäftigung auch über drei Monate hinaus fort, wenn Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben bezogen wird, das nicht unangemessen von dem abweicht, das in den der Freistellung vorausgegangenen zwölf Kalendermonaten bezogen wurde.

Verwendung von Wertguthaben

Das Wertguthaben kann für gesetzlich geregelte oder vertraglich vereinbarte Freistellungszwecke verwendet werden. Eine Aufzählung bestimmter Freistellungszwecke findet sich in § 7c SGB IV. Hierbei handelt es sich zwar um keine abschließende Aufzählung, d. h. die Vertragsparteien sind in der Vereinbarung der Verwendung des Wertguthabens frei und können von den aufgezählten Freistellungszwecken beliebig abweichen. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass über die jeweiligen Freistellungszwecke hinaus auch der zeitliche Anwendungsbereich von Wertguthaben ohne zeitliche Grenzen beliebig vereinbart werden kann.

Für den zeitlichen Anwendungsbereich von Wertguthaben fehlt es vielmehr an einer eindeutigen gesetzlichen Regelung. Daran hat sich auch durch die mit dem Flexirentengesetz geschaffenen Möglichkeiten zur Verlängerung der individuellen Lebensarbeitszeit und die mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz erfolgte Aufhebung der Hinzuverdienstgrenzen für vor Erreichen der Regelaltersgrenze bezogene Altersrenten nichts geändert.

Zeitgrenzen für Wertguthaben

Nach Auffassung der Sozialversicherungsträger können Wertguthabenvereinbarungen nur für die Zeit bis zum Beginn einer Altersrente, längstens bis zum Ablauf des Monats, in dem die Altersgrenze für den Anspruch auf Regelaltersrente erreicht wird, getroffen werden. Wertguthaben müssen demnach bis zum Ende des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze abgebaut werden. Andernfalls ist ein Wertguthaben spätestens zu diesem Zeitpunkt aufzulösen.

Bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze ist ein Wertguthaben aufzulösen, wenn der Beschäftigte eine Altersrente bezieht. Dies ergibt sich für die von der Deutschen Rentenversicherung Bund verwalteten Wertguthaben ausdrücklich aus § 23b SGB IV sowie in analoger Anwendung dieser Regelung für die bei einem Arbeitgeber bestehenden Wertguthaben.

Nach Auffassung der Sozialversicherungsträger entspricht dies auch der Zielsetzung des Gesetzgebers bei der Einführung der Möglichkeit von Wertguthabenvereinbarungen. Denn mit dem Aufbau von Wertguthaben sollte, neben der sozialversicherungsrechtlich geschützten Überbrückung gesetzlicher oder vertraglicher Freistellungen während eines Erwerbslebens, im Rahmen von Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonten die Möglichkeit geschaffen werden, eventuelle Lücken zwischen einem vorzeitigen Beschäftigungsende und dem Ende des Erwerbslebens sozialversicherungsrechtlich geschützt zu überbrücken. Ein sozialversicherungsrechtlicher Grund für eine fiktive Verlängerung der Lebensarbeitszeit über das Ende des Erwerbslebens hinaus besteht hingegen nicht.

Dabei bestimmt ein Altersrentenbeginn das individuelle Ende des Erwerbslebens. Das Erreichen der Regelaltersgrenze bestimmt demgegenüber – auch ohne Inanspruchnahme einer Regelaltersrente – das objektive Ende des Erwerbslebens, wie es sich beispielsweise in der Regelung zur Arbeitslosenversicherungsfreiheit (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) oder zum Ende eines Arbeitsverhältnisses widerspiegelt. In diesem Sinne sind auch Altersteilzeitbeschäftigungen als typische Form der Wertguthabenvereinbarung nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zulässig.

Der Beginn einer Altersrente wiederum gilt sowohl nach dem Altersteilzeitgesetz als auch nach dem Vorruhestandsgesetz – beides Gesetze zur Förderung des gleitenden Übergangs in den Ruhestand – als Eintritt in den Ruhestand. Dabei wird nicht zwischen einer Altersvollrente und einer Altersteilrente unterschieden.

Vereinbarung über Ansparphase und Entsparphase

Eine Wertguthabenvereinbarung über die Ansparung von Arbeitsentgelt für dessen Auszahlung in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung liegt u. a. nur dann vor, wenn Arbeitsentgelt in Wertguthaben eingebracht wird, das aus einer vor oder nach der Freistellung von der Arbeitsleistung erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird.

Nach Auffassung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung musste hiernach die Wertguthabenvereinbarung eine Ansparphase und eine Entsparphase vorsehen. In der Ansparphase muss eine Arbeitsleistung erbracht werden, mit der ein Arbeitsentgelt erzielt wird, auf dessen Auszahlung der Beschäftigte zunächst verzichtet, um es in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung zu entsparen.

Vereinbarung zur vorzeitigen Beendigung der Beschäftigung

Zum Personalabbau werden mitunter Vereinbarungen geschlossen, die zeitgleich


vorsehen.

Diesen Vereinbarungen fehlt es demnach an einer Ansparphase, in der eine Arbeitsleistung erbracht und daraus ein Arbeitsentgelt erzielt wird, das in ein Wertguthaben eingebracht werden könnte. Derartige Vereinbarungen wurden daher bisher nicht als Wertguthabenvereinbarungen angesehen.

Änderung der Rechtsauffassung

Diese Auslegung erschien jedoch vor dem Hintergrund der nach der BSG-Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Wertguthabenvereinbarung möglichen arbeitgeberfinanzierten längerfristigen Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum Ende eines Beschäftigungsverhältnisses mittlerweile zu restriktiv. Denn die für Wertguthabenvereinbarungen geltenden besonderen Schutzregelungen (z. B. zur Insolvenzsicherung des Wertguthabens) finden keine Anwendung, wenn Arbeitgeber stattdessen auf die ebenfalls arbeitgeberfinanzierte Freistellung der Beschäftigten ohne Wertguthabenvereinbarung ausweichen.

Vereinbarungen zum Personalabbau, die die vorzeitige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, den Aufbau von Wertguthaben durch eine sofortige gesonderte Einmalzahlung des Arbeitgebers und die unmittelbare Freistellung von der Arbeitsleistung bis zum vorgezogenen Ende des Beschäftigungsverhältnisses vorsehen, können daher die Voraussetzungen einer Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV erfüllen. Dabei ist unerheblich, dass es an einer Ansparphase fehlt.

Bestandsfälle und Ausnahmen

Sofern in der Vergangenheit bereits entsprechende Vereinbarungen zum Aufbau von Wertguthaben allein durch Einmalzahlungen des Arbeitgebers geschlossen wurden, werden diese nicht beanstandet. Dies gilt jedoch nicht für Vereinbarungen, in denen aus Anlass der vorzeitigen Beendigung der Beschäftigung (beispielsweise bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages) eine Einmalzahlung des Arbeitgebers in ein Wertguthabenkonto eingebracht werden soll, ohne dass sich bis zum Ende der Beschäftigung eine Freistellung von der Arbeitsleistung beim Arbeitgeber anschließt.

Derartige Einmalzahlungen, die sich als finanzielle Entschädigung für den vorzeitigen Verlust des Arbeitsplatzes darstellen, gehören ebenso wie Entlassungsentschädigungen (Abfindungen) nicht zum sozialversicherungsrechtlichen Arbeitsentgelt nach § 14 SGB IV. Dementsprechend können sie auch nicht wirksam zum Aufbau eines Wertguthabens verwendet werden. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn eine spätere Übertragung des Wertguthabens auf die Deutsche Rentenversicherung Bund beabsichtigt wird.

Fragen?

Informationen rund um das Thema „Wertguthaben“ finden sich beispielsweise auf der Website
www.deutsche-rentenversicherung.de unter > Über und& Presse > Mediathek > Broschüren.

Quelle: DRV (summa summarum – Sozialversicherungsprüfung im Unternehmen; Ausgabe 1.2024)